Geld sparen: wofür ?
Kapital Investieren: wie?
Erster Teil:
ökonomische Grundgedanken.
Seit 2008 kann man nicht mehr
über Ökonomie sprechen ohne den Begriff „Krise“ zu erwähnen. Aber wer die
Wirtschafsgeschichte kennt, weiß auch, dass dies schon immer der Fall: Krisen
sind in allen Epochen und Kulturen eine stetige Begleiterscheinung der
Wirtschaftsentwicklung.
Es gibt darüber sehr viele
Theorien, die Krisen zu erklären versuchen, bzw. sie prognostizieren wollen
(dies mit sehr geringem Erfolg bisher); allen Krisen gemeinsam ist jedoch ein
einziger Aspekt: sie entstehen wenn die Ungleichheiten in der
Vermögenverteilung wachsen, was sehr oft dazu noch zu sozialen Spannungen und
Konflikten und nicht selten zu Kriege. Eine sozialere Umverteilung und eine Reduzierung
der Unterschiede in der Vermögenbildung ist dagegen eine der unabdingbaren
Bedingungen jeder wahren Demokratie und auch die Beste Voraussetzung, um die
Wirtschaftskrisen zu vermeiden oder deren Impact zu reduzieren.
Jene Staaten, in denen die sozialen
Unterschiede kleiner sind, haben bekanntlich stabilere und demokratischere
Regierungsformen und kennen seltener Krisen, und umgekehrt, je höher die
gesellschaftlichen Unterschiede, desto unstabiler und unregierbar wird ein Land
(also einerseits z.B. Skandinavien, und anderseits Südeuropa und Afrika).
Schon Nicolò Machiavelli
hatte im 15 Jahrhundert beim kommentar
der Schriften vom römischen Historiker Titus Livius festgestellt:
„Die Natur hat die Menschen so
geschaffen, dass sie alles wünschen aber nicht alles erreichen können, und somit, weil das Begehren immer
größer als die Möglichkeiten ist, entsteht deren Unzufriedenheit. Auf dieser
Tatsache beruhen die Vermögensunterschiede,
weil die einen mehr haben möchten, und die anderen befürchten, das Erreichte zu
verlieren: somit entstehen Konflikten und Kriege.“ (N.Machiavelli,
Discorsi sulla prima deca di Tito Livio, Ed. Nazion., 2001, S.
177-178, meine Übersetzung)
Zwei Jahrhunderte später finden
wir bei Charles de Secondat, Baron de Montesquieu, einen Vorschlag, um dieses
Problem zu lösen:
„ Obgleich in der Demokratie die wahre Gleichheit die
Seele des Staates ist, so ist sie doch so schwer aufrecht zu erhalten, dass
eine übergroße Peinlichkeit in dieser Beziehung nicht immer angemessen sein
würde. Es genügt, wenn man Steuerklassen einführt, die den Unterschied
vermindern oder bis zu einem gewissen Grade fest bestimmen; dann ist es die
Aufgabe besonderer Gesetze, die Ungleichheiten durch Lasten, welche sie den
Reichen auferlegen, und durch Entlastung, welche sie den Armen gewähren,
sozusagen auszugleichen.
In: Geist der Gesetze (Esprit des lois) 1748 (Dieses
Buch wurde übrigens von der Katholischen Kirche in die Liste der verbotenen
Schriften aufgeführt).
Es sind Gedangen eines Aristokraten, wenn auch
demokratisch gesinnt. Heutzutage würde man sofort dahinten einen Sozialist wenn
nicht gar einen Kommunist vermuten, aber wie man sieht, es ist nicht nötig Marx
zu bemühen (der übrigens viele seiner Gedanken auch aus beiden oben genannten
Autoren entnommen hat) um die Irrwege der gegenwärtig herrschende und
menschenfeindliche neoliberistische Ökonomie zu erkennen: schon die
bürgerlichen Denker liefern die
notwendigen Argumente.
Auch abgesehen von moralischen
Überlegungen, die Bewertung der Ungleichkeit als Ursache von Konflikten und daher schon rein ökonomisch schädlich,
ist bis heute ein zentrale Aspekt aller fundierten Wirtschaftstheorien
geblieben: Der Nobelpreisgträger für
Ökonomie Joseph Stiglitz hat Ursachen und Folgen der steigenden gesellschaftlichen
Unterschiede zwischen Armen und Reichen in den gegenwärtigen Gesellschaften
untersucht und sie als die größte Gefahr für die Demokratie und den Frieden in
seinem letzten Buch (2012) dargestellt
(The Price of Inequality. How today’s divided society endangers
our future). Darin hat er Wege aus dieser Entwicklung skizziert, die nur durch einer Abkehr
aus der neoliberistischen Ökonomie
möglich erscheinen.
Von einer befriedigenden Lösung dieses Problem sind wir
jedoch weit entfernt, und noch schlimmer, wir bewegen uns zunehmend in die
Gegenrichtung, denn die Ungleichheiten nehmen unmißverständlich und gewaltig
zu! Und dies sowohl innerhalb der einzelnen Staaten wie auch im internationalen
Vergleich. Um noch deutlicher zu sein: die strukturell bedingten Unterschiede
der Wirtschaftsentwicklungen, z.B. in
der europäischen Union, werden immer größer, und es ist nur noch eine Frage der
Zeit, bis sie ausseinander driftet und zerbricht. Kaum jemand scheint den
Widerspruch zwischen der nur noch als Lippenbekenntniss beschworene
„Kooperation“ und der mit allen Kräften praktizierten „Kompetitivität“ der
Nationalökonomien in der EU zu merken! Effizienz und Innovation werden
schlichtweg durch den Begriff „Kompetitivität“ ersetzt. Aber die darauffolgende
Maßnahmen (Reduzierung der Arbeiterrechte, Lohnverzicht, Abnahme der reellen
Kaufkraft, Stellenabbau und Leiharbeit) sind doch alles anders als innovativ,
denn ihr Ergebnis ist lediglich die sich ständig vergrößende Kluft zwischen
Reichen und Armen, national wie international.
Die als höchste Form der Zivilisation und als Wundersalbe
für alle Probleme dogmatisch erhobene „Kompetitivität“ ist also näher gesehen
nichts Anderes als eine nicht hinterfragte
Rechtfertigung dieser zivilisationszerstörende und kurzsichtige
Politik.
Im kapitalistischen System sind
nur Korrekturen und Begrenzungen der o.g. gefährlichen und ruinöseren Tendenzen
möglich, wesentliche Nachbesserungen sind nur durch eine grundlegende
Systemveränderung zu erwarten.
Andererseits, es stehen z.Z. keine andere Systeme parat,
die mit Sicherheit Erfolg versprechen, wobei es ist denkbar, dass der erste
Schritt eine Rückkehr zur sozialen Marktwirtschaft sein könnte, gepaart auf
internationaler Ebene mit einer Zügelung der Globalisierung und der
Deregularisierung im allmächtigen Finanzsektors.
Was eine Gesellschaft an
politischen Veränderung herbeiführen soll, um sich von dieser mießlichen Lage
zu befreien, ist also nicht Gegenstand dieses Beitrags, denn folgenden
Überlegungen und Hinweise sind als begrenzte Möglichkeit innerhalb des
bestehenden Systems zu verstehen: was kann der Einzelne tun, um der
Umverteilung von unten nach oben entgegen zu wirken.
Um diese Frage zu beantworten mangelt es nicht an Büchern,
und ganze Abteilungen von Investmentberatern bei Banken, Versicherungen, Fonds
und Vermögen-management tun nichts anderes als immer neue und bessere Wege zu
erfinden, um die Idealgestaltung der Gewinnmaximierung bei gleichzeitigem
minimalen Risiko zu erreichen.
Im kapitalistischen System ist
die Lösung dieser Gleichung unmöglich, also nur mit Abstrichen teilweise
realisierbar, denn Gewinn und Risiko bewegen sich proportionell in gleicher
Richtung: je größer die Gewinnchancen, desto höher das Risiko, den
Kapitaleinsatz teilweise oder ganz zu verlieren.
Diese Erkenntnis ist elementar,
und trotzdem werden fast täglich Beispiele von geprellten Investoren bekannt,
die blauäugig Beratern geglaubt haben, die ihnen hohe Gewinne ohne ein
entsprechendes höheres Risiko versprochen haben.
Um diesen logischen Widerspruch
zu erkennen genügt ein einfaches Gedanenexperiment: Wenn alle Bürger ihre Ersparnisse mit den gleichen Chancen und
auf der gleichen Weise als Kapital arbeiten lassen würden und könnten,
entsprechen die Erträge logischerweise der genauen Höhe des
Wirtschaftswachstums: in Zinsen ausgedrückt, zur Zeit z.B. knapp über Null,
wenn inflationsbereinigt. Höhere Gewinne von einigen wären also mathematisch
nur auf Kosten von anderen möglich, denn der Kuchen, also Bruttonationaleinkommen
(BNE), ist eine feste Größe, und es ginge dann nur um seine Verteilung.
So plausibel wie es auch zunächst
erscheinen mag, ist dieser Gedankenexperiment trotzdem falsch interpretiert.
Denn die Ergebnisse von Investitionen in der Realwirtschaft hängen von vielen
Einzelfaktoren ab, aber vor allem von den Erträge der Produzenten und diese
wiederum von dem Erfolg der Produkten auf den Märkten. Es ist also praktisch
unmöglich, dass alle die gleichen Erträge erhalten. Und darin besteht auch der
Sinn des Aktienhandels: denn bei gleichen Erträgen und aussichten würde keiner
seine Aktien mit anderen Tauschen, also es würde auch kein Handel stattfinden
und existierte auch keine Börse.
Eine gleichmäßige Verteilung des
Sozialproduktes wird also nie geben. Lediglich das Parken des Kapitals kann
gleiche Erträge für alle bringen aber nur in Höhe der üblichen Bankzinsen oder
der Staatsanleihen möglich, wobei schon bei diesen Wertpapieren ein gewisses
Risiko beinhaltet ist, so dass je nach Staat, höhere oder niedrigere Zinsen
möglich sind. Und hier fängt also auch das Risiko, von Negativzinsen bei
höchster Sicherheit, bis haarstreubender Verzinsung in 20-30 % Höhe bei
Schuldverschreibungen von Staaten, die als Pleitekandidaten gelten. Und dabei
sind natürlich die Banken die den größeren Teil aus Zinsunterschieden und
Kommissionen kassieren.
Diejenigen die professionell
damit jonglieren, in aller Regel mit Geldern der Anleger, können die
Marktbewegungen ausnützen, um bei geglückten Käufen und Verkäufen von
Wertpapieren Gewinne erzielen, die weit über das Wirtschftswachstum liegen,
aber ebenfalls auf Kosten derjenigeen, die an der Verliererseite stehen.
Kapital im Sinne vom Erspartes zu
investieren ist jedoch mindestens in einem Fall sowohl ökonomisch sinnvoll wie
auch moralisch vollkommen legitim: wenn man damit das Wirtschaftswachstum
fördert und somit die Beschäftigung in
der Gesellschaft unterstützt und die Arbeitslosigkeit vermindert.
Sparen ohne zu investieren ist
dagegen sinnlos und selbst moralisch nicht zu rechtfertigen. Sogar in der Bibel
und im Koran ist das „Vergraben von Münzen“ (und das Zinserheben aus Darlehen)
als Sünde bezeichnet, und dies ist auch rein ökonomisch eine falsche
Investition, denn dadurch wird der Wirtschaft die Grundlage des Wachstums entzogen,
und öffnen sich gleichzeitig die bekannten Spiele mit der
Geldvermehrung/Geldvernichtung, die von den primitiven Wucherer Methoden bis zu
den heutigen Derivatengeschäften eine enorme Entwicklung erlebt haben: selbst
die ausgeklügelsten mathematischen Raffinatesse der Future Berechnungen und
Optionshandelstrategien können nicht darüber hinweg täuschen, dass es sich
dabei immer und lediglich um ein Umverteilungsspiel handelt, bei dem eine
Minderheit klügere wenn nicht kriminellere Akteure (s. Schneeballkonstuktionen,
Ponzi-Schemas, Manipulierung der Index – Libor z.B.,) die Mehrheit der Anleger
um ihre Ersparnisse erleichtert.
(zweiter Teil folgt)
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