Filosofia e religione: 15 tesi
Considero il pensiero speculativo religioso (cioé il tentativo di dare una risposta -impossibile da verificare- alla domanda fondamentale dell'esistenza:"da dove veniamo/dove andiamo?") un diritto fondamentale inalienabile che nulla ha in comune con le "religioni" in quanto sistemi dottrinari dogmatici: e reputo le Chiese in quanto istituzioni come il peggior male dell'umanità, come dimostrano dall'antichitá in poi gli enormi spargimenti di sangue e tutte le più efferate crudeltà commesse dietro giustificazioni religiose.
E' vero che non tutte le Chiese sono da mettere sullo stesso piano, e che addirittura ne esistono di pacifiche e libertarie (es. quella Hussita o quella Valdese: ma proprio per questo sono e restano piccole comunità poiché prive, per loro fortuna, dell'elemento perverso della ricerca del potere e della costrizione dogmatica per evangelizzare assoggettando).
Nelle mie riflessioní religiose, intese nel senso più ampio sopra descritto, mi è stata di costante ispirazione il pensiero di Giordano Bruno, la cui performance di libero pensatore é insuperabile, quasi da Guiness dei record, poiché riuscí a collezionare ben tre scomuniche: dalla chiesa calvinista, da quella luterana e da quella cattolica. E ne avrebbe forse collezionate altre se il criminale "Santo Uffizio" non l'avesse fatto bruciare vivo, salvo poi a pentirsene quattro secoli dopo (uno dei pochi ma indiscutibili meriti del Papa Polacco nel 2000).
Sinteticamente mi definisco per comoditá di espressione "panteista dubitante" (ma con un limite: se un essere superiore creatore esistesse, esso sarebbe sí onnipresente, ma giammai minimamente presente nelle Chiese come istituzioni). In esse, o almeno nella maggior parte con pochi dubbi vedo invece risiedere l'opposto dell' essere superiore creatore, e cioé quello che volgarmente si chiama "demonio", "diavolo", "satana", "belzebú", da non confondere con quello che in una novella boccaccesca un frate vuol emettere nell'inferno e che invece è, nel suo piccolo (non sempre ...) artefice di creazione.
Le seguenti tesine dovevano servire come base per uno scambio di vedute con altri interessati da riportare poi in una pubblicazione specifica. Questo progetto non è stato finora realizzato ma nemmeno abbandonato: per questo riporto qui lo scritto, disponibile solo in tedesco ma che tradurrò in italiano quando troverò il tempo. La speculazione su questi temi può sembrare oziosa, ma se vista come strumento per smascherare le pretese totalitaristiche delle Chiese riveste indubbia valenza politica. Dunque i contributi di ogni tipo (anche di segno opposto) sono graditi.
RELIGION, MACHT UND VERNUNFT : 15 THESEN
Ein
Versuch über die Verstrickung von Glauben, Jenseitsvorstellungen, Kirchenmacht,
Gewalt und Politik. (Graziano Priotto, Universitäten
Konstanz und Prag) – Frühjahr 2007
1) Alle Religionen entsprechen
einem universellen menschlichen Bedürfnis nach Erklärung der Existenz.
2) Der Mensch hat keine
Möglichkeit, seine Existenz lediglich vermittels der Wissenschaft oder der Philosophie vollständig zu verstehen und zu erklären.
3) Die Frage nach dem Ursprung
des menschlichen Lebens sowie der Welt (Kosmos, Universum) muss also
zwangsläufig unbeantwortet bleiben. Dass es aber einen Ursprung aller Dinge
gegeben haben muss, ist die logische Konsequenz und der einzige feste Punkt
aller Überlegungen über Religion.
4) Die Menschen haben in allen
Kulturen verschiedene Religionen konstruiert und mindestens zum Teil ihr
persönliches und gesellschaftliches Leben nach dem Glauben an die Wahrheit
dieser Konstruktionen orientiert.
5) Die Verschiedenheit der
Religionen ist ein Beweis, dass alle Religionen zweckmäßige menschliche
Erfindungen sind.
6) Alle Religionen sind im
Hinblick auf die existentielle Frage (Woher kommen wir? Wohin gehen wir?)
zweckmäßig, und zwar als Hilfe zur Sinngebung des Lebens.
7) Je mehr eine Religion normiert
und sich als Kirche organisiert, desto mehr entfernt sie sich vom ursprünglichen
Zweck, und wird Zwang- und Machtinstrument. Die letzte Stufe in diesem Prozess
ist die Verschmelzung der politischen mit der religiösen Macht.
8) Die Gefährlichkeit einer
Religion (gemessen an ihren Gewaltpotentialen und an der Bereitschaft, zur
Unterdrückung derjenigen, die sich nicht unterwerfen wollen) steht im umgekehrten
Verhältnis zu:
a) der Anzahl der vertretenen Götter, also je
mehr Götter, desto weniger Dogmatismus und je mehr Freiheit für die Gläubigen;
und umgekehrt, je weniger Götter, desto mehr Glaubenszwang (wobei die
monotheistischen Religionen die weithin gefährlichsten sind);
b) die Genauigkeit der Glaubensfestlegung
(Dogmatisierung): je mehr Dogmen, desto weniger Freiheit, desto mehr
Gewaltbereitschaft für die Durchsetzung des Wahrheitsanspruches;
c) die Rigidität
der Überlieferungsstruktur (die Macht und nicht Hinterfragbarkeit der
Priesterstruktur und Liturgie hat sowohl defensive als auch strategische
Bedeutung, um die Befestigung der Macht und Verbreitung des eigenen Glaubens
auf Kosten anderer Religionen).
9) Die Religionen tendieren dazu,
schriftliche Quellen als Wort ihrer jeweiligen Götter festzulegen, um damit je
als Einzige wahre Erklärungen der Frage nach Ursprung und Werdegang der
Menschheit und der Welt zu geben.
10) Eine Rückkehr zum
ursprünglichen Zweck (also die Reduzierung der Religionen auf ihre sinnvolle
Funktion als Erklärungsversuche des Daseins, gleichberechtigt mit anderen Formen
wie Mythen und Sagen) ist nur durch die gegenseitige Akzeptanz und den Verzicht
auf den Alleinanspruch auf die Wahrheit möglich.
11) Solange eine Religion ihren
menschenverachtenden Alleinanspruch auf Wahrheit -Ankündigung nicht aufgibt,
wird sie stets zur Verfügung der politischen Machtinhaber stehen, und an der
Macht teilhaben müssen.
Daher sollten soviele Religionen
wie möglich zugelassen werden.
12) Die Identifizierung der
Völker mit einer oder wenigen verwandten Religionen stellt ein unüberwindliches
Hindernis auf dem Weg zur Entmachtung der Religionen und Kirchen und für die
Befreiung des Glaubens von ihrem Gewaltpotential dar.
13) Ein Volk wird umso mehr
Freiheit und Fortschritt genießen, je mehr Religionen von ihm praktiziert
werden. Historische Beispiele haben dies längst bewiesen (z.B. Christen, Juden,
Muslime auf der iberischen Halbinsel vor der katholischen „Reconquista“ 1492).
14) Die Verschiedenheit der
Religionen findet eine Entsprechung in jener der Sprachen: und genauso wenig wie eine einzige Sprache den Anspruch
erheben kann, die Welt besser als alle anderen zu beschreiben, so kann keine
Religion sich als einzige „wahre“ selbst erklären.
15) Ein Mensch gilt so viel, wie
die Sprachen die er/sie beherrscht: eine Nation gilt dementsprechend auch nur
so viel, wie die Anzahl der Religionen, die ihre Bürger uneingeschränkt praktizieren
dürfen.
Präambel
Da es in folgender Abhandlung um
die persönliche Einstellung zu einem menschlichen Problem geht, erscheint es mir
notwendig, die Voraussetzungen meiner Gedanken darzulegen, denn wenn schon in
den Naturwissenschaften die absolute Objektivität nicht existiert (die Forscher
verändern zwangsläufig die Objekte ihrer Untersuchungen) kann in Fragen des
Glaubens noch weniger vom persönlichen Werdegang abstrahiert werden.
Weil es nach Max Weber das
oberste Ziel aller Forschung ist, die Resultate so darzustellen, dass sie vom
weiteren und genaueren Forschen in ihren fehlerhaften Teilen widerlegt werden, so wird durch die Darstellung der
persönlichen Vorgeschichte die Überprüfbarkeit der Thesen erleichtert.
Die Existenz und das
Nichts
Schon als Grundschulkind hat mich
eine Frage oft beschäftigt: wer hat Gott geschaffen?
Da ich katholisch erzogen wurde,
war für mich die Frage „Wer hat uns geschaffen“ zunächst beantwortet, aber
genauso stark wie ich diese Antwort glaubte, blieb für mich immer als logische
Konsequenz die Frage nach dem Ursprung Gottes.
Ich erinnere mich an das
überlegene Lachen eines Pfarrers auf meine diesbezügliche Frage: „Du hast beim Katechismus
nicht aufgepasst, sonst wüsstest du, dass Gott sich selber geschaffen hat, er
ist doch der Anfang aller Sachen“.
Wiederum war dies für mich keine
Antwort, denn um sich selber zu schaffen muss wohl jemand oder etwas schon existieren.
Und so kam ich auf die Vorstellung vom „Nichts“. Oder vom Vor-Anfang. Vor dem
Anfang musste es doch etwas wie einen Vor-Anfang gegeben haben, eine „Leere“
ein „Vakuum“ in dem Gott entstand (in dem er wie auch immer „sich selbst
geschaffen hatte“). Erst dann war für mich die Erschaffung der Welt und des
Menschen begreifbar, d.h. logisch nachvollziehbar.
Die Vorstellung der „Leere vor
dem Anfang“ hat mich immer wieder fasziniert, wenngleich ich mich später und
bis heute dann mit konkreteren Fragen beschäftigt habe, und mich lange Jahre
die Religion – in der Form der katholischen Lehre nur für ihre politische
Botschaft interessierte. San Francesco blieb für mich lange Zeit der einzige
Heilige, der mir sympathisch war. Die Kirche war mir zu keiner Zeit angenehm,
sondern ich habe sie immer als etwas Bedrohliches empfunden, eher als eine Straf-
und Belehrungsinstanz.
Den Katechismusunterricht habe
ich als Sechsjähriger besuchen müssen, bei Nonnen in einem Kloster.
Damals war die Regel, diese beide
Sakramente während der ersten Schulklasse zu erhalten, jeweils am Vor- und
Nachmittag eines Sonntags.
Es war sicher kein spannendes
Erlebnis, wahrscheinlich habe ich während dieses Unterrichts nur so wenig wie
nötig aufgepasst, und sonst war ich mit der Phantasie woanders oder habe diese
Erfahrung verdrängt, denn ich habe daran überhaupt keine Erinnerungen, während
ich noch einige Vorstellungen von der Lehrerin der ersten Klasse und sogar den
Montessori-Kindergärtnerinnen habe.
Von der Erstkommunion und der Firmung
weiß ich nur, dass ich kollabierte, womöglich, weil ich ohne Frühstück war, und
auch weil ich schon damals einen sehr niedrigen Blutdruck hatte.
Ich erinnere mich, dass mein
Vater vorgeschlagen hatte, mich in ein naheliegendes Café zu bringen, und mich dort
mit einem Frühstück auf die Beine zu helfen, während meine Mutter von dieser sündhaften
Vorstellung entsetzt war, denn vor der Kommunion musste man unbedingt nüchtern
sein, ab Mitternacht ! Ich erfuhr nur viele Jahre später, was meinem Vater
selber bei der gleichen Angelegenheit passiert war, nämlich ihm hatte die
Hostie im Mund so geklebt und ihn geekelt, dass er sie heimlich unter die
Kirchenbank gespuckt hatte. Aber eine Nonne hatte dies beobachtet, und zwang ihn,
die Hostie vom Boden mit dem Mund wieder aufzunehmen. Daraus erklärt sich, dass
dies für ihn die erste, aber auch die einzige Kommunion seines Lebens war. Und
auch seine Abneigung gegen die Nonnen.
Während meiner Kindheit und
Jugend besuchte ich regelmäßig die Kirche mit meinen Eltern, aber ohne
religiöse Gefühle. Die Messe war für mich eine nicht zu lästige Pflicht, auch
weil ich die Bilder und die Architektur der Kirchen betrachtete und es liebte,
mir vorzustellen, welche Änderungen möglich gewesen wären, um daraus etwas
anderes zu machen, z.B. ein Wohnhaus. Oder ich dachte, einfach an etwas anderes.
Später habe ich meine Aufmerksamkeit den Mädchen geschenkt, ich wählte, wenn es
möglich war, Kirchen und darin Plätze, wo ich schöne Mädchen sehen konnte. Und
noch später habe ich manches Mädchen nach der Kirche angesprochen, was wegen
meiner Schüchternheit für mich eine große Überwindung bedeutete, dafür konnte ich mich aber während der Messe
vorbereiten (welchen Anlass finden, um sie anzusprechen, was sagen, etc.).
Ich habe sogar manchmal Glück
gehabt, und Mädchen nach der Kirche bis
nach Hause begleiten können, was damals für mich, im Mittelschul- und
Gymnasialalter schon ein großer Erfolg war.
Aber in der Regel waren es Mädchen, die ich aus der katholischen Jugendgruppe kannte, und daher war die
Chance weiterzukommen von vorne herein nicht gegeben.
Für die Initiation waren die
meistens älteren „freien“ Mädchen, die in dem nahe liegenden Arbeitergebäude
der Tonziegelfabrik wohnten, wo bekanntlich viele Kommunisten und sogar
Anarchisten waren, mit denen wir Kinder und Jugendlichen aus guten christlichen
Familien nicht verkehren durften, aber dank denen wir unsere Sexualerziehung – mangels Unterricht in diesem Fach in der
Schule – selber lernen konnten, heutzutage würde man sagen “learning by doing“
or „on the job“. Jedenfalls habe ich, wie viele andere Freunde, dank dieser
Umstände meine Unschuld mit 13 oder 14
verloren.
Dies trotz aller moralischen
Predigten und Androhungen der Hölle für diese „Sünde“ (die für die katholische
Kirche die schlimmste schlechthin ist) , wobei es sich zeigt, dass gegen den
gesunden menschlichen Instinkt keine noch so furchtbare Angstmacherei die
geringste Chance hat.
Während eines Kuraufenthaltes mit
meiner Mutter im Gästehaus eines Nonnenklosters an der Riviera, in dem eine
Tante ihr Leben verbrachte, wurde ich regelrecht zum Priesterleben
aufgefordert, ich bekam Puppen mit den verschiedensten Talaren geschenkt.
Womöglich wurde mein Interesse an der Tätigkeit der Nonnen (Kleidermachen und
Gärtnerei) falsch interpretiert: das Schneiden und Nähen von Kleidern hatte ich
von meiner Mutter gelernt, die eben Schneiderin war, und die Blumen und
Garten-Arbeiten von meinem Onkel, der
eine Gärtnerei besaß, und mir bei jedem Besuch immer viel zeigte und gerne
meine neugierigen Fragen beantwortete.
Jedenfalls schien mir das Priesterleben
immer total unattraktiv, weil ich schüchtern war, und mir nie hätte vorstellen
können, eine Predigt zu halten, wobei das Mönchen- und Nonnenleben mir angenehm
erschien.
Gegenüber dem Nonnenkloster, nur
auf der anderen Straßenseite, gab es ein Franziskanerkloster, in das ich
ebenfalls gerne überall geführt wurde, wegen meiner für ein Schulkind
außergewöhnlichen starken Interesses am Garten. Über die unmittelbare Nähe
beider Klöster hatte sich mein Vater amüsiert, ganz zum Unmut meiner Mutter.
Die sich wiederum sich entsetzt hatte, als ich fragte, warum beide Kloster
nicht gemeinsame Sache machten, und Mönche und Nonnen nicht heirateten, denn in
meiner Vorstellung war dort doch genug Platz und Arbeit für Familien. Ich wäre
gerne in den riesigen Parks und Gärten beider Klöster geblieben, so stellte ich
mich vor, wie schön es gewesen wäre, für Kinder dort mit deren Mönch-Nonnen
Eltern zu leben.
Bei dieser Vorstellung die ich
meiner Mutter naiv vortrug, war sie so entsetzt, dass ich nie mehr wagte,
darüber nachzudenken. Ich habe sie nur ein andermal so entsetzt gesehen, als
ich Jahre später eine noch dümmere Frage stellte. Ich war inzwischen circa zehn
oder elf Jahre alt, und Lieblingsmitspieler von Zwillingsmädchen, die aus einer
anderen Stadt kamen, und jedes Jahr die Schulferien bei ihrer Tante
verbrachten, im Haus gegenüber meinem.
Es wohnten zwar viele Kinder
damals in der Umgebung, aber diese Zwillinge wollten immer nur mit mir spielen.
Wir verstanden uns sehr gut, und es ist möglich dass ich - dem Alter
entsprechend - in sie „verliebt“ war, denn ich fragte einmal meine Mutter, ob
es erlaubt war, im Fall von Zwillingen, auch zwei Frauen zu heiraten. Nach der
Reaktion – „allein so ein Gedanke ist schon eine Todsünde!“ hörte ich auf, solche
gefährlichen Fragen zu stellen, und war überzeugt, dass ich wohl „nicht
ganz normal war“.
Was mich zwar nicht besonders
kümmerte, ich aber als Warnung verstand, meine Ideen nicht frei zu äußern, so
dass ich selbst mit den engsten Freunden meine Gedanken nur nach Überprüfung
ihrer „Normalität“ austauschte.
Dass ich nicht wie die anderen
war, wurde mir inzwischen schon aus einer anderen Eigentümlichkeit bewusst: bei
jeder Erklärung in der Schule, war mein erster Gedanke war, ob die Sache nicht auch
anders möglich wäre.
Ich fing immer wieder an,
alternative Erklärungen zu suchen, und weil dies ein unwiderstehlicher Drang
war, um nicht stetig als zerstreuter Schüler getadelt und bestraft zu werden,
gewöhnte ich mir an, gleichzeitig dem Unterricht zu folgen und parallel meine
Gedanken zu entwickeln. Was nicht immer glatt ging, aber einigermaßen
funktionierte, denn ich bin nie sitzen geblieben, und habe z.T. auch gute Noten
erhalten (vor allem im Aufsatzschreiben) und in den naturwissenschaftlichen
Fächern.
Die Gewohnheit, gleichzeitig
zuzuhören und an etwas Anderes zu denken, ist mir später sehr dienlich gewesen,
als ich als Simultandolmetscher studierte, und keinerlei Mühe hatte, in einer
Sprache zu hören und gleichzeitig in eine andere zu übersetzen.
Aber ich habe dieses Studium trotzdem
bald aufgegeben, weil mich das Übersetzen der Reden von anderen nicht
interessierte. Geblieben ist mir aber die Gewohnheit, beim Zuhören, meinen Gedanken freien Lauf zu lassen. Und die
Fähigkeit, jederzeit und in jeder Umgebung mich auf meine Gedanken
konzentrieren zu können, egal, was um mich herum passiert.
Ich kann mich also jederzeit und
überall aus der Wirklichkeit entfernen, um in meiner Gedankenwelt zu
wandern.
Was hat all dies mit der Religion
zu tun? Sehr viel, denn es erklärt zum
guten Teil, dass für mich Religion und Moral (was ich als Sammlung von
Vorschriften verstand) schon sehr früh und dann immer ein und dasselbe waren: Verbote
und Zwänge.
Sünden und Strafen waren der
Stoff, aus dem die Religion bestand. Die Religion bot genauso wie die Schule,
fertige Erklärungen über alles, und verbat alle Versuche nach Alternativen.
Nicht
denken, sondern glauben und nicht hinterfragen.
Während der Himmel mich nie
besonders interessiert hatte (ich konnte mir nichts darunter vorstellen), hatte
ich eine genaue Vorstellung von der Hölle. In dem Dom meiner Stadt war ein Bild
der Hölle, schrecklich in seiner realistischen Darstellung, denn zu sehen waren
nur Körperteile auf einem dunklen Hintergrund, nicht die sympathischen und groteske Teufeln wie z.B. bei Brueghel
der Alte. Damals hatte ich wirklich Angst vor der Hölle.
In einer Phase meiner Kindheit
und Jugend habe ich mir immer wieder vorgestellt, wie schön es gewesen wäre, hätte
man auf den Himmel verzichten können, und gleichzeitig aber die Hölle abgeschafft.
Also nach dem Leben weder Preise
noch Strafen, nur ein „Nichts“.
Ich stellte mir dieses „Nichts“
wie einen leerer Raum vor, in dem man nur noch denken konnte, ohne
Kontrollen und Folgen.
So ein „Nichts“ musste „vor
dem Beginn aller Sachen“ existiert haben.
Dann kam Gott. Und mit ihm die
Religion, und die Priester, mit Verboten, Himmel und Hölle.
In späteren Jahren, während meines
politischen Engagements, circa zwischen 18 und 25, habe ich die Religion auf
ihre politisch-gesellschftliche Dimension reduziert: ich denke, es war
Pasolinis Film „Das Matthäusevangelium“, der mir den Anstoß in diese Richtung
gab.
Eine Zeitlang interessierte ich
mich daher für die Theologie der Befreiung und der Revolution, vertreten z.B.
von Theologen wie Gonzales Ruiz, und für die niederländischen Theologen mit
ihrem Katechismus. Dann „entdeckte“ ich die Waldenser, die älteste christiche
„Häresie“ Europas, entstanden gleich nach dem vom Papst Benedikt der XII.
angestifteten Völkermord an den Albigiensern.
Ihr Verbreitungsgebiet liegt
gerade in der Gegend in Italien, wo ich aufgewachsen bin, aber seltsam genug, bis
dahin hatte ich keine richtige Informationen
darüber. Die Waldenser galten damals den Katholiken gegenüber ungefähr wie die
Islamisten heutzutage. Ich fand aber die Waldenser-Kirche sofort viel
sympathischer als die katholische, weil
es in ihr kein Papst und keine Beichte an den Priester (sondern direkt an Gott)
gibt, der Sündenkatalog auf das Vernünftige und Nachvollziehbare reduziert ist,
und nicht zuletzt wegen des Fehlens von
unbegründeten Sexualverboten, wobei mir zum ersten Mal klar wurde, wie
krankhaft die katholischen Kirche in ihrer Sexophobie ist.
Außerdem war diese Waldenser-Kirche immer
nur verfolgt (konnte aber immer wieder den päpstlichen Mörderbanden erfolgreich
Widerstand leisten), und auch während des Faschismus waren die Waldenser sehr
stark vertreten in der Widerstandgruppierungen der „Resistenza“ („Widerstand“
gegen die Nazi-Armee und ihre knechtische Helfer, die Mussolini-Anhänger der
italienischen „Salò-Restrepublik“ in Norditalien).
Der persönliche Werdegang ist
untrennbar von der Wahrnehmung der Realität, und ebenfalls für die Erklärung der Gedanken über die Religion
verbunden. Denn es gibt sicher nichts Intimeres und Persönliches – und
gleichzeitig gesellschaftlich und soziales - als der religiöse Glauben (oder
nicht Glauben, was ebenfalls eine Religion ist).