Mittwoch, 6. August 2014

Riforma o Controriforma ?Anmerkungen zur Debatte über die Senat-und Wahlreform in Italien.

Alle diesbezügliche Reformen (Wahlgesetz, Abschaffung des Senats in der jeztigen von der Verfassung vorgesehene Form) werden mit einem einzigen Argument rechtfertigt: bessere bzw. garantierte Regierbarkeit. Grundsätzlich ist Regierbarkheit an sich nicht schlecht, denn bekanntlich kommen alle schlechte Wendungen eher von der Unregierbarkeit.
Aber die gute und unausgesprochene Frage bleibt: wofür und für wen, d.h., welche Intessengruppen sind, die eine politische Figur und daher eine Regierung unterstützen (oder erlauben) und mit welchen Absichten.
Die Volksmeinung über die jetzigen Vertreter und Befürworter bzw. Opponenenten der "Reform" muss ebenfalls richtig bewertet werden, und zwar im Hinblick auf die Alternativen. In Italien gibt es nur die Wahl zwischen Pest und Cholera, Renzi und Berlusconi, denn die Bewegung 5 Sterne hat "harakiri", also Selbstmord begangen, indem sie sich an die Kooperation mit der Macht gewagt hat.
Eine Mehrheit wird diese Bewegung nie mehr erreichen, selbst wenn sie die beste Programme und Initiativen verfolgt. Die Italiener versuchen immer "die weniger schlechte Option" zu wählen, denn sie glauben nicht, dass es gute und schlechte Möglichkeiten in der Politik gibt, sondern nur schlechte ... und schlechtere. Italien wird sicher nach der Reform  einfacher zu regieren sein, es fragt sich nur: wozu.
Denn statt "Riforma" müsste man eher "Controriforma" sagen: wie die damalige im Trienter-Konzil, kommt sie als Versuch vor, alles zu ändern damit alles bleibt wie es ist, also die Parteien sollen ihre unkontrollierte Macht behalten, und das Wahlvolk lediglich die eine oder die andere Figur wählen, die dann ungestört regiert, aber die Machverhältnisse dürfen auf keinen Fall in Frage gestellt werden.
Die wirtschaftlche Lage wiederum ist von den Vorgaben in Bruxelles vollkommen abhängig, denn solange Italien in der Eurozone bleibt und sich vom Euro nicht verabschiedet, ist prinzipiell jede Regierung zu den identischen Entscheidungen gezwungen, Unterschiede können nur hinter dem Komma sein.
Um die Wirtschaft Italiens zu retten - die Möglichkeit gebe sie noch - müsste die ganze Parteipolitische Landschaft bereinigt werden, d.h., neue Kräfte müßten kommen, die mit dem bisherigen System vollkommen abrechnen und abbrechen. ein solches Vorgehen heißt aber "Revolution",  und solche Umwälzungen der Macht sind in Italien nicht und nie zu erwarten, denn neben der schon zu bewundernde große  "pazienza" (Geduld) haben die Italiener eine weitere und noch größere Tugend, und die heißt "prudenza" (Vorsicht): und damit ist jeder Revolution die Grundlage ersatzlos entzogen.  

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