Dienstag, 7. Juli 2015

"Seetorquerung" - Die Treppen sind das Problem !!

Nicht die angebliche Enge der Bahnunterführung, sondern die Treppen sind  für den Evakuierungsfall im Radolfzeller Bahnhof maßgebend! Berichtigung einer irreführenden Behauptung.

Abstract

How to cheat people with a right information related to the wrong topic. In this case the Major of this town received from Railway responsables a calculation showing that the existing subway could not be modernized because too narrow, and had to be destroyed and a new a broader one had to be built: at expenses or the town and not of the railway company of course! What the technicians of the railroad company did not say: the problem is not in the size of the subway, but in the exits: now there are stairs, but according to the plan of modernization there should be ramps. And if the calculation is made with ramps and not with stairs, then the result is quite different and there is not the least need of destroying an existing and good functioning subway. But why the railway company is so keen to the destruction of the present subway ? We suppose that it is for a good reason: the stairs should be changed with ramps, and lifts should be added: but in this case it would be the railway company who has to pay for the works !

Im Südkurier vom 17. Juni 2015 S. 21 versuchte OB Martin Staab die sogenante Bestansdvariante als technisch untauglich darzustellen, indem er sich auf Berechnungen von Fachleuten berief, die eine Kapazität von lediglich 288 Personen errechnet haben wollten.
Sein Schluss war lapidar: “ Angesichts der Zahl der Nutzer ist die Bestandsvariante zu eng“
Die erste berechtigte Frage wäre, warum eine solche Grunderkenntnis erst nach 9 Jahren Planung in Betracht gezogen wurde.   Aber selbst die zitierte Berechnung scheint einer Prüfung nicht standhalten zu können. Die DB hat genaue Richtlinien für die Planung von Unterführungen (1) und anhand der Formel und der Tabellen kann jeder nachprüfen, ob die Angabe stimmt. Die Radolfzeller Unterführung ist 4 m. breit und 2,40 hoch (übrigens: entspricht dies genau dem bei Architekten seit der Antike bekannten „Goldenen Schnitt“).
Die Kapazität einer Unterführung ist anhand des schlimmsten Falles zu berechnen, also für den Evakuierungfall.  Hier die Formel für die Berechnung der Unterführungsbreite nach den DB-Richtlinien (Modul 813.0202.):

Bz = (Qa/ v · d · t) + g ;  

Bz = Breite;
Qa = Anzahl Aussteigender je Zug
v   = Gehgeschwindigkeit in m/s, bei treppe aufwärts 0,5  (bei Rampen bis 6 % aber 1,3
d    = Personendichte (P/m2) 1,2 – 0,8 ; Durschnittswert = 1
t     = Bahnsteigräumzeit (in Sekunden; Regelwert 150).
g    = Gehspurmaß (0,80)
In unserem Fall ist die Bahnbreite (4 Meter) bekannt, die Formel kann also so umgeschrieben werden, um die Berechnung der Personen zu ermittel:

Qa = (Bz  - g) · (v · d · t)

Die Berechnungen erfolgt hier anhand der DB-Angaben für Spitzenverkehr (Tabelle 813.0202 A01, Seite 4).
Für den Evakuierungsfall dürfen die Gleise 1 (Bahnsteig ebenerdig Fluchtweg Richtung Stadt) und 6 (Bahnsteig ebenerdig, Fluchtweg Richtung Seepromenade ohne Benutzung der Unterführung) ausgenommen werden.
Es bleiben also nur Gleis 4, und 5 (Gleis 3 wird nur einmal am Tag benutz, während 5 und 6 je 10 Minuten lang frei sind). Weil außerdem nie mehr als zwei Züge gleichzeitig ankommen, und die Unterführung zwei Ausgänge hat, ist es für den Evakuierungsfall legitim, die Unterführungsbreite für das Personenaufkommen eines einzigen Zuges zu berechnen.
* Die DB müsste aber für den Evakuierungsplan die Fluchtwege entsprechend beschildern  (von Gleis 5 Richtung See, für Gleis 4 (u. 3) Richtung Stadt. 

 Im bestehenden Zustand (Treppaufwärts) :

Qa =  (4m – 0,80 m) · (0,5 ·  1 · 150)  =  240 Personen

Wie man sieht, sind die vom OB zitierten Berechnungen (288 Personen) wesentlich optimistischer (ca. 20 % mehr) als die o.g. Berechnung. Offensichtlich wurden die maximalen Daten aus der DB-Tabelle gewählt, und nicht die durchschnittliche, oder nur für den Normal- statt für den Spitzenverkehr.
Was aber in der zitierten Berechnung verschwiegen wird ist, dass die Berechnung NICHT in Bezug auf die geplanten Änderungen für die Bestandvariante, sondern auf die jetzige Situation, also auf die Unterführung mit Treppen und nicht mit Rampen, wie in der „Optimierten Bestandvariante“ vorgesehen sind. 
Die Formel führt nämlich zu einem ganz anderen Ergebnis, wenn man statt mit Treppen mit Rampen berechnet (wohlbemerkt: es müssen aber Rampen mit maximal 6 % Steigung, also diejenigen ,die in der „Vorzugsvariante“ geplant sind, wären dafür untauglich).

Im Idealfall (Rampen mit Steigung < 6 %):

Qa = (4 m – 0,80) · (1,3 · 1 · 150 ) =  624 Personen !

Noch einmal muss man feststellen, dass vom Rathaus sowohl in dem Interview wie später  im „Hallo Radolfzell“ Berechnungen und Angaben – bewusst oder unbewusst – irreführend dargestellt wurden.

Es liegt der berechtigte Verdacht vor, dass die Berechnungen zwar von kompetenter Seite dem OB vorgelegt wurden, aber in Bezug auf den jetzigen Zustand der Unterführung, mit Treppen an beiden Enden, und nicht bezogen auf die „Optimierte Variante“, die dagegen Rampen vorsieht. 

Die Radolfzeller dürfen  jedoch beruhigt sein: die optimierte Bestandsvariante (Rückbau von zwei Gleisen und Ersatz der Treppen mit Rampen)  ist nach den Richtlinien der DB mehr als normgerecht, abgesehen von den viel geringeren Kosten ! Und es bleiben dafür noch erhebliche Mittel frei, um eine Brücke als verschönernde Zusatzmaßnahme.


Graziano Priotto  (07.07.2015)
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DB Richtlinien „Personenbanhöfe planen“


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